22. Mai 2012
Der Besuch wurde möglich im Rahmen der intensiven Unterstützung des naturwissenschaftlichen Unterrichts am MGM durch die RWTH Aachen, insbesondere durch das III. Physikalische Institut (A) unter der Leitung von Professor Dr. Hebbeker.
Im Cern wird der Aufbau der Materie vor allem mit Hilfe eines „Teilchenbeschleunigers" untersucht. Wie das funktioniert? „Der ganze Apparat ist eine Art Riesenmikroskop, mit dem der Aufbau unserer Materie und unseres Universums zum Zeitpunkt seines Entstehens untersucht werden soll, das zu diesem Zeitpunkt winzige Ausmaße hatte. Je kleiner die Objekte sind, die man anschauen will, desto größere Unterstützung braucht unser Auge: Hand-Lupe, Licht-Mikroskop und Elektronen-Mikroskop machen das klar. Die Objekte, die man im Cern untersucht, sind noch kleiner als ein Atomkern, dementsprechend groß ist das Cern-Mikroskop", erläuterte Lehrer Ulrich Arndt, der den Physik-Leistungskurs, dem derzeit elf Schüler angehören, betreut.
Der größte Teilchenbeschleuniger im Cern wurde in einem bereits vorhandenen ringförmigen Tunnel installiert, der etwa 27 Kilometer lang ist und 100 Meter tief unter der Erde durch die französisch-schweizerischen Alpen gefräst wurde. In dem Tunnel gibt es zwei dicht nebeneinander verlaufende Strahlröhren, in denen winzigste Materieteilchen jeweils in entgegengesetzter Richtung mit nahezu Lichtgeschwindigkeit kreisen.
Die Menschen haben weltweit großes Interesse an der Erforschung dessen, was die Welt im Innersten zusammenhält. Daher ist das große internationale wissenschaftliche Engagement zu erklären.
Im Cern wurde das Internet (World Wide Web) entwickelt, ebenso die Computertomographie und dreidimensionales Drehen und Kippen räumlicher Strukturen auf Computer-Bildschirmen (3D-Imaging). Andere „Spin-off-Effekte" sind Neuentwicklungen zu Krebstherapien mit Protonen und Ionen oder neue Technologien für Vermessungs- und Materialverarbeitungstechnik. Um die gewaltigen Datenmengen, die in jeder Sekunde anfallen, zu beherrschen, wurde die so genannte Grid-Technologie entwickelt: Rechenjobs werden durch ein weltweites Netz von Rechnern an Universitäten und Forschungseinrichtungen verarbeitet.
„Wir sind alle sehr interessiert an Physik und deshalb war uns das Cern schon lange ein Begriff und jeder wusste ungefähr, was die Wissenschaftler untersuchen. Wir wollten daher genauer wissen, was es mit den Experimenten dort auf sich hat und nach welchen neuen Erkenntnissen und Entdeckungen geforscht wird", berichtet Andreas Gasper, Schüler im Leistungskurs. Die Möglichkeit, eine Führung im Cern zu erleben, die auf die Gruppe zugeschnitten gewesen sei und sogar unter die Erde bis zu dem CMS-Experiment zu gelangen, sei sehr selten.
Man habe über mehrere Monate hinweg die Reise geplant. Jeder Schüler des Kurses habe seinen Teil zur Reise beigetragen.
Highlight des Ausflugs war der Besuch des CMS-Experiments. Von der Montagehalle fuhr man mit einem Aufzug 100 Meter tief in die Erde hinein und gelangte zu einer riesigen Halle, die auch als „Kathedrale" bezeichnet wird. Schließlich konnte man auch noch einen Blick in den rund 20 Meter breiten und über 100 Meter tiefen Schacht werfen, durch den der extrem schwere Detektor im Laufe eines Tages vorsichtig nach unten gelassen wurde. Dieser Blick in die Tiefe ist allen im Gedächtnis bleiben.
Das Ziel der Forscher, die am CMS-Experiment arbeiteten, sei es, „den Grundplänen unseres Universums auf den Grund zu gehen", erläutert Ulrich Arndt. „Dazu untersuchen die Wissenschaftler Zusammenstöße von positiv geladenen Teilchen, die mit Hilfe des Teilchenbeschleunigers auf bisher unerreichte Energien gebracht werden. Dieses Vorhaben ist gewaltig, denn der Detektor ist 21 Meter lang, hat einen Durchmesser von 16 Metern, wiegt etwa 12 500 Tonnen, besteht aus rund 100 Millionen Einzelteilen und kostet 350 Millionen Euro."
Über 2600 Personen aus 180 Instituten in 38 Ländern nehmen an dem Projekt teil. Aus Deutschland sind Wissenschaftler der RWTH Aachen, der Universitäten Hamburg und Karlsruhe sowie vom Forschungszentrum Desy vertreten.
Der CMS-Detektor wurde zunächst von 2000 bis 2004 an der Oberfläche zusammengebaut und getestet. Danach wurde er in Einzelteilen in die unterirdische Halle hinabgelassen.
Zum einen suchen die Forscher nach den sogenannten „Higgs-Teilchen", die fundamentale Bausteine im Verständnis des Mikrokosmos darstellen, aber bis jetzt noch nicht aufgespürt werden konnten. Zum anderen wollen sie überprüfen, ob sogenannte „supersymmetrische Teilchen" existieren. „Diese sind sehr interessant, da möglicherweise die dunkle Materie im Universum, für die Physiker noch keine Erklärung gefunden haben, aus ihnen besteht", so Arndt.
„Eine große Forschungseinrichtung wie das Cern besuchen zu können, ist schon eine einmalige Gelegenheit. Vor allem, wenn man die Möglichkeit hat, hinter die Kulissen zu schauen und die Arbeit der Forscher hautnah zu erleben. Dank der großartigen Betreuung vor Ort konnten auch individuelle Fragen geklärt und die Interessen jedes einzelnen berücksichtigt werden", ziehen die Schüler eine positive Bilanz des spannenden Ausflugs.
Es sei schon etwas anderes, „ob man im Unterricht den Aufbau eines unterirdischen Detektors mit 21 Metern Länge bespricht, oder ob man tatsächlich knapp 100 Meter unter der Erde vor ihm steht. Man kann sich die Dimensionen einer solchen Einrichtung wie dem Cern aus dem Klassenzimmer heraus kaum vorstellen".
Obwohl man nur einen kleinen Einblick in die Komplexität der gesamten Anlage bekommen habe, sei das Gesehene und Erfahrene „enorm beindruckend."
Deutlich habe man gemerkt, dass sich alle Mitarbeiter wirklich der Forschung verschrieben hätten und Ideologien keine Rolle spielten.
(aj, Eifeler Zeitung, 22.05.2012)
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