Schüler "wagen Europa" im Rahmen der Lit.Eifel-Schreibwerkstatt am MGM

30. Dezember 2019

„Wenn am Ende unserer Lit.Eifel-Schreibwerkstatt steht, dass die Jugendlichen in der Lage sind, ihren Blickwinkel zu ändern, die Perspektive eines anderen einzunehmen und daraus Verständnis für ihr Gegenüber zu entwickeln – dann haben wir viel erreicht“, sagt Claudia Hoffmann. Die Journalistin und Referentin im Europäischen Parlament leitet zusammen mit dem Künstler und Illustrator Jan Hillen die Lit.Eifel-Schreibwerkstatt im St.-Michael-Gymnasium in Monschau. 22 Schüler haben dort Gelegenheit, sich unter dem Motto „Europa wagen“ als Autoren und Illustratoren auszuprobieren.

Für die Geschichten der Schüler wurden nur wenige Eckpunkte der Rahmenhandlung vorgegeben: Die Protagonisten blicken am Tag der Heimreise auf ihr Freiwilliges Soziales Jahr in einem europäischen Land zurück. In diesem Auslandsjahr sollen sie sich mit mindestens einem Vorurteil auseinandergesetzt und es bestenfalls ausgeräumt haben. „Es ist zwar schwierig, mit so wenig Anhaltspunkten eine Geschichte zu entwickeln – andererseits lässt uns das auch viele Freiräume“, erzählt Sofie Schiffer. Die 17-Jährige schreibt gemeinsam mit Ulrike Schuppener (18) an einer Geschichte über Ava und Lucien, die sich während ihres kulturellen Freiwilligenjahres in einem französischen Museum kennen- und liebenlernen. Um gemeinsam an ihrem Projekt arbeiten zu können, haben die beiden Schülerinnen zunächst separat jeweils ihren Protagonisten in der Ich-Form erzählen lassen, bevor sie ab dem Verschmelzen der beiden Geschichten die Perspektive zu einem übergeordneten Erzähler wechselten.

Demgegenüber verfolgen Janna Schülter (16) und Nina Hoppe (14) eine andere Herangehensweise an ihre gemeinsame Erzählung: „Unsere Geschichte hat zwei Charaktere und etwa in der Mitte einen Wendepunkt, an dem die Perspektive wechselt“, erklärt Nina Hoppe, wie sie ihr Schreibprojekt aufgeteilt haben. „Trotzdem müssen wir uns natürlich immer wieder absprechen, was das Aussehen und das Verhalten einzelner Charaktere angeht“, ergänzt Janna Schülter. Während die beiden die Struktur ihrer Geschichte vorher weitgehend durchgeplant haben, überlässt sich Laura Schmitz (18) mehr dem Fluss ihrer Geschichte.

So macht ihre Protagonistin während des Freiwilligenjahres als Tierschützerin in Griechenland und Finnland eine charakterliche Entwicklung durch. „So ohne Plan kann es noch schwierig werden, die Geschichte zu Ende zu führen – aber davon bin ich noch meilenweit entfernt“, gibt Laura Schmitz zu.

Während die Autoren der Schreibwerkstatt mit Claudia Hoffmann über die Entwicklung von Plot und Figuren fachsimpeln, steht Jan Hillen den Illustratoren mit Rat und Tat zur Seite. „Hier habe ich Tipps vom Profi bekommen, da habe ich einiges dazugelernt, zum Beispiel, welche verschiedenen Papiere und Stifte ich für unterschiedliche Effekte verwenden kann“, erzählt Mika-Rodriguez Indenhuck (16). Isabel Peters (15) fügt hinzu: „Unter Zeitdruck habe ich gelernt, praktischer zu zeichnen, zum Beispiel „wenn ich hier einen Strich mache, habe ich an einer anderen Stelle drei Striche gespart.“

 „Wir haben in unserer Gruppe jeder eine eigene Spezialität“, berichtet Olga Chyrzynski (15). Porträts und Gegenstände, Aquarelle und Bleistiftzeichnungen, Cartoons und Mangas – die Palette der jugendlichen Illustratoren ist breit gefächert. Von den Autoren bekommen sie konkrete Aufträge, um deren Geschichten zu bebildern. „Es ist eine Herausforderung, genau das zu treffen, was die Autoren sich vorstellen“, erklärt Olga Chyrzynski und Mika-Rodriguez Indenhuck bekräftigt: „Der Schreiber hat eine Vorstellung und ich habe eine Vorstellung – das muss dann beides genau treffen.“ Der Illustrator Jan Hille freut sich, dass einige Schüler schon einmal bei der Lit.Eifel-Schreibwerkstatt dabei waren. „Man kann richtig sehen, wie sie sich inzwischen weiterentwickelt und ihren eigenen Stil gefunden haben“, sagt er. Auch Dirk Schäfer, Fachlehrer für Deutsch, Geschichte und Literatur, ist begeistert von der Kreativität seiner Schüler. „Man merkt, wie sie hier aufblühen. Wenn sie sich hier mit ihren Projekten konzentriert auseinandersetzen, lernen sie über das jeweilige Land, in dem ihre Geschichte spielt, für ihre Schreibkompetenz und ihr gemeinsames Miteinander wahrscheinlich mehr, als in mehreren Monaten Unterricht.“

Dirk Schäfer war auch schon bei der vorhergehenden Schreibwerkstatt der Lit.Eifel mit dem Titel „Europa entdecken“ dabei. Die Ergebnisse beider jeweils dreitägigen Workshops – alle Geschichten und Bilder – sollen nun im Frühjahr in einem Doppelband erscheinen. Claudia Hoffmann sagt: „Wenn man genau hinschaut, hält Europa für junge Menschen viel bereit – vorausgesetzt sie sind bereit, sich auf andere Perspektiven einzulassen. In jedem Fall können wir in Zeiten wie diesen gar nicht genug junge Leute für Europa gewinnen.“

Auch Lehrer Dirk Schäfer ist von der politischen und kulturellen Dimension der Lit.Eifel-Schreibwerkstatt überzeugt. Er appelliert: „Schulen sollten solchen Projekten mehr Raum geben, denn es geht darum, unseren Schülern zu zeigen, dass man Mensch ist, egal aus welchem Land man kommt und dass man Vorurteile überwinden kann.“

(Eifeler Zeitung 27.12.2019)




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